Gottfried
Keller (1819-1890) war ein Schriftsteller von der Schweiz. Er ist bekannt für
seine satirische Novellen. In diesen kurzen Geschichten, schreibt Keller über
die Rollen der Menschen in der Gesellschaft und wie Tugend sie beeinflusst. In
seiner Geschichte Kleider machen Leute erzählt
Keller von einem armen Schneider, der als ein Graf angesehen wird, weil seine
Kleider so schön waren. Am Anfang der Geschichte, stellt der Kutscher, Wenzel
als den polnischen Graf Strapinski vor, als er ihn in der Stadt Golddach vor
dem Gasthaus “Zur Waage“ ablädt. Natürlich sind auch die Stadtbewohner Goldachs
Schuld daran, dass Wenzel für Strapinski gehalten wird und ihn nur nach seinem Äußeren
beurteilen (vornehmer Mantel und Pelzmütze). Auch ist Wenzel selber daran
Schuld für sein eigenes Schicksal, da er diesen Irrtum nicht aufklärt, sondern
mehr und mehr in die Rolle des Grafen verfällt. Er genießt die Anerkennung und
Aufmerksamkeit, die er erhält, aber die Schuldgefühle beunruhigen sein Gewissen
und er hat folglich schlaflose Nächte, in denen er mit seinem Gewissen kämpft.
Er versucht mehrmals aus seiner Situation zu fliehen und seine Schulden beim
Wirt zu begleichen, aber er versucht nicht den Irrtum der Stadtbewohner aufzuklären.
German Quarterly (Seite 3, 6): „Wo er frei zu befehlen sein scheint, muß er
gehorchen. Eine Lüge führt zu der nächsten und er wird ein Gefangener seiner
Freiheit und unterliegt somit dem gesellschaftlichen Zwang sich als eine Person
auszugeben, die er am Anfang gar nicht ist.“
Im Laufe der Geschichte entwickelt Keller den
Charakter Wenzels/Strapinskis, indem er die Gesellschaft darstellt, die ein
Individium nur nach dem Äußerem beurteilt, nicht nach den inneren Werten. Am
Ende zeigt Keller, dass der Schneider doch eine fürstliche Figur darstellt,
aber von einer anderen Art, die von dem Charakter Wenzels stammt. (Harper’s
Magazine Blog).
Fortuna ist die Glück und Schicksalsgöttin und
tritt in die Geschichte ein, als Strapinski auf dem Weg zu seiner Verlobung mit
Nettchen ist. An dieser Stelle wird der Leser (und auch Strapinski) darauf
hingewiesen, dass das Schicksals des Schneiders sich wenden wird. Nicht nur die
Göttin Fortuna wird an dieser Stelle dargestellt, sondern die Vergangenheit
Strapinskis, das Gewerbe als Schneider, holt ihn im wahrsten Sinne des Wortes
ein.
Gutenberg (Kapitel 10):” Auf dem vordersten
Fuhrwerke ragte eine kolossale Figur empor, die Göttin Fortuna vorstellend, welche
in den Äther hinauszufliegen schien. Es war eine riesenhafte Strohpuppe voll
schimmernden Flittergoldes, deren Gazegewänder in der Luft flatterten. Auf dem
zweiten Gefährte aber fuhr ein ebenso riesenmäßiger Ziegenbock einher, schwarz
und düster abstechend und mit gesenkten Hörnern der Fortuna nachjagend. Hierauf
folgte ein seltsames Gerüste, welches sich als ein fünfzehn Schuh hohes Bügeleisen
darstellte, dann eine gewaltig schnappende Schere, welche mittels einer Schnur
auf- und zugeklappt wurde und das Himmelszelt für einen blauseidenen
Westenstoff anzusehen schien. Andere solche landläufige Anspielungen auf das
Schneiderwesen folgten noch, und zu Füßen aller dieser Gebilde saß auf den geräumigen,
je von vier Pferden gezogenen Schlitten die Seldwyler Gesellschaft in buntester
Tracht, mit lautem Gelächter und Gesang.”
Keller macht sich oft über der Gesellschaft lustig.
Die Sledwyler haben Wenzel bloß gestellt und in einer Lüge erwischt. Sie haben
sich über ihn und auch über die Godacher Bürger lustig gemacht, die den
Schneider zum Grafen erhoben haben. Die Seldwyler glaubten den Schneider
wirklich zu kennen, doch hat er sich als nobel erwiesen in seinem Charakter und
wurde ein Bürger ihrer Stadt.
Allein Nettchen rief: »Keine Romane mehr! Wie du
bist, ein armer Wandersmann, will ich mich zu dir bekennen und in meiner Heimat
allen diesen Stolzen und Spöttern zum Trotze dein Weib sein! Wir wollen nach
Seldwyla gehen und dort durch Tätigkeit und Klugheit die Menschen, die uns verhöhnt
haben, von uns abhängig machen!« (Gutenbach)
Die Bürger von Seldwyler standen Wenzel und
Nettchen erst zur Seite und beschützten sie, als sie von Nettchens Anwalt hörten,
dass das Paar Geld nach Seldweyler bringen würde.
“In der Stadt, wo der Anwalt ein paar Worte
verlauten ließ von einem großen Vermögen, welches vielleicht nach Seldwyla käme
durch diese Geschichte, entstand nun ein großer Lärm. Die Stimmung der
Seldwyler schlug plötzlich um zugunsten des Schneiders und seiner Verlobten,
und sie beschlossen, die Liebenden zu schützen mit Gut und Blut und in ihrer
Stadt Recht und Freiheit der Person zu wahren. Als daher das Gerücht ging, die
Schöne von Goldach solle mit Gewalt zurückgeführt werden, rotteten sie sich
zusammen, stellten bewaffnete Schutz- und Ehrenwachen vor den ›Regenbogen‹ und
vor den ›wilden Mann‹ und begingen überhaupt mit gewaltiger Lustbarkeit eines
ihrer großen Abenteuer, als merkwürdige Fortsetzung des gestrigen.” (Gutenberg
Kapitel 16).
Nachdem Wenzel und Nettchen sich in Seldwyler
niederliessen und Wenzel als Tuchherr tätig wurde, beschwerten sich die
Seldwyler darüber, dass Wenzel ihnen das Geld abnehmen würde. “Denn um neue,
noch schönere Sachen zu erhalten, welche er kommen oder anfertigen ließ, mußten
sie ihm das Frühere bezahlen, so daß sie untereinander klagten, er presse ihnen
das Blut unter den Nägeln hervor.” (Gutenberg, Kapitel 18). Den Reichtum, den
die Seldwyler sich durch Wenzel erhofft hatten, blieb aus und das Paar zog nach
Goldach zurück nachdem sie in Seldwyla zu Wohlstand gekommen waren.
Aber am Ende der Geschichte zeigt
Wenzel/Strapinski, dass er weniger mangelhaft ist, als die Leute. die um ihn
sind. Wenzel hat nie mutmäßlich vorgegeben, wer er ist. Er hat die Leute in dem
Glauben gelassen, dass zu glauben, was sie wollten. Am Ende der Geschichte ist
Wenzel ein wohlhabener, erfolgreicher Tuchherr, der nach Goldach zurückkehrt
und den Bürgern beweist, dass er einen ehrlichen, noblen Charakter hat, den sie
ihm schon früher gegeben hatten, aber nur auf Grund seiner Kleider. (Harper’s
Magazine Blog) Diese Novelle ist ein Beispiel der deutschen Realismus
Epoche. “Wie der
Name schon sagt, geht es dabei um die Abbildung der Wirklichkeit.” (DL)
Im Mittelpunkt der Geschichte steht das Individuum: der Schneider Wenzel, der
im Konflikt mit der Gesellschaft steht. Er wird für etwas angesehen, was er
eigentlich gar nicht ist. Am Ende wird sein Ansehen, dass durch Irrtümer
bestimmt ist und von der Gesellschaft propagiert wird, entblößt, als die
Wahrheit zu Tage kommt. Am Ende
beweißt der Charakter Wenzels jedoch, dass er der Mann ist, den alle in ihm
sehen, auch wenn er nicht aus dem Adel stammt, ist er doch von gutem und
vornehmen Charakter und ist am Ende erfolgreich. Der Autor Keller bringt seine
eigenen Erfahrungen und gesellschaftlichen Ungerechtigkeiten mit in seiner
Novelle ein.